Intensivmediziner sind in Corona-Zeiten so etwas wie der Brückenkopf im Krankenhaus. "Die Zusammenarbeit erfolgt natürlich interdisziplinär mit allen Fachkollegen" versichert mir Dr. Piepho schnell, als ich ihn zu Beginn des Gespräches mal eben zum "Corona-Chef" erkläre. Aber der sympathisch-sachliche Leiter der Anästhesie und Intensivmedizin des Brüderkrankenhaus weiß, worauf ich hinaus will: in der Intensivmedizin geht es für viele COVID-19 Patienten um Leben und Tod. - Und von ihm möchte ich wissen, wie eine COVID-19 Erkrankung verläuft und was in einem Corona-Krankenhaus passiert.
"Zum Glück sind wir in der Lage, Intensivbetten nicht erst kaufen zu müssen, sondern auf vorhandene Ressourcen zurückgreifen zu können. Dadurch, dass wir nur noch medizinisch dringliche Operationen durchführen, stehen genug Betten und auch Geräte zur Verfügung, die zu einer intensivmedizinischen Betreuung benötigt werden. Hierdurch sind wir, wie alle Krankenhäuser in Deutschland, in der Lage, die Kapazität an Intensivbetten deutlich zu erhöhen."
"Zunächst einmal: der größte Teil der Infektionen verläuft nach wie vor vollkommen unproblematisch, manchmal sogar fast beschwerdefrei. Bei anderen Personen hingegen ist es wichtig, dass sie bei Anzeichen erster Symptome, wie trockener Husten, Fieber, Verlust des Geschmack- oder Geruchsinns den Hausarzt informieren. Je nach Verlauf entscheidet er, ob ein Test gemacht wird. Häusliche Quarantäne ist ab dann Pflicht und sollte das Testergebnis positiv sein, auch für einen längeren Zeitraum."
"Solange die Beschwerden nicht stärker werden und sie weiterhin in Kontakt mit ihrem Hausarzt sind, ja. Allerdings muss man hier immer den Einzelfall sehen: Welche Vorerkrankungen gibt es? Wie alt ist der Patient? Wie ist die häusliche Situation?"
"Die Entscheidung liegt auch hier beim Hausarzt, der in der Regel die Einweisung in das Krankenhaus veranlasst. Sollte sich aber der Zustand sehr schnell verschlechtern, dann muss unbedingt sofort der Rettungsdienst gerufen oder die Notfallaufnahme aufgesucht werden."
"In der Notaufnahme werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Neben Blutuntersuchungen können dies auch ein Röntgenbild des Thorax oder ein CT sein. Hiernach wird entschieden wie es weitergeht. Es kann sein, dass der Patient weiterhin in häuslicher Quarantäne verbleiben kann, wenn die Bedingungen stimmen. Wir haben hier in Trier den Vorteil, dass beide großen Trierer Krankenhäuser ein ausschließlich für COVID-19 Erkrankte gemeinschaftlich betriebenes, Krankenhaus eingerichtet haben. Damit schützen wir die Patienten in der Notaufnahme, die nicht wegen Corona gekommen sind, aber natürlich auch unser Personal. Wir entscheiden im Corona-Gemeinschaftskrankenhaus nach einer umfassenden Untersuchung, wo der Patient am besten aufgehoben ist. Hier ist insbesondere die Sauerstoffmessung ein wichtiges Kriterium. Denn häufig sind es die Risikopatienten, die aufgrund ihres Alters oder von Vorerkrankungen einen besonderen schweren Verlauf haben und eine stationäre Versorgung benötigen."
"Nach wie vor wissen wir viel zu wenig über eine COVID-19 Erkrankung. Richtig ist, dass das Virus nach dem Rachen insbesondere die Lunge angreift und es zu einer Lungenentzündung kommen kann. Damit verschlechtert sich die Sauerstoffversorgung im ganzen Körper, weshalb die Messung des Sauerstoffgehaltes einer von vielen wichtigen Indikatoren für eine stationäre Aufnahme ist, gerade wenn aufgrund von Vorerkrankungen oder anderer Faktoren der Körper geschwächt ist."
"Es geht vor allem darum, Zeit zu gewinnen und dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen und den Virus abzuwehren. Hierfür gibt es noch keine Medikamente, aber natürlich behandeln wir symptomlindernd und unterstützen diesen Abwehrprozess. Wichtig ist, dass der Patient individuell und entsprechend seiner Vorerkrankungen optimal behandelt und betreut wird. Wie gesagt: der Körper kämpft gegen den Virus und wir wissen, dass dieser Prozess bei einer Corona-Erkrankung deutlich länger dauern kann als z. B. bei einer Influenza."
"Schon in der stationären Versorgung versorgen wir den COVID-19 Patienten zusätzlich mit Sauerstoff, um den Körper zu unterstützen. Sollte das nicht reichen, muss der Patient beatmet werden, um zu vermeiden, dass durch den Sauerstoffmangel weitere Organe angegriffen werden. Das ist eine sehr kritische Phase und die Beatmung braucht Zeit - 10 Tage sind hier nicht ungewöhnlich, bis sich der Körper wieder stabilisiert hat. Hierdurch sind die Intensivplätze gebunden und es war wichtig, zusätzliche Plätze zu schaffen."
"Das ist sehr unterschiedlich und hängt von der körperlichen Verfassung des Patienten ab. Aber ein Zeitraum von bis zu 8 Wochen ist bei schweren Verläufen leider durchaus möglich. Bislang ist die Anzahl der schweren COVID-19 Erkrankungen in der Region Trier-Saarburg überschaubar. Trotzdem sind im Corona-Gemeinschaftskrankenhaus bislang 2 Menschen verstorben. Alle gehörten zu den sogenannten Risikogruppen, also Menschen, mit erhöhtem Alter oder Vorerkrankungen. "Aber auch das ist keine generelle Regel" versichert mir Piepho. "Es sind auch jüngere Menschen betroffen und noch ist es so, dass weitaus die meisten unserer diesen Kampf gewinnen - egal, wie alt sie waren oder welche Vorerkrankungen sie hatten."
Ich bedanke mich bei Dr. Piepho und bin ehrlich gesagt froh, als ich wieder an der frischen Luft bin. Die Pandemie wird unseren Alltag noch weiter bestimmen. Umso wichtiger ist, dass wir alles beachten, was eine weitere Verbreitung verhindert und insbesondere die Menschen schützt, die zu den Risikogruppen gehören. Und die, die sich wie das medizinische und pflegerische Team um Dr. Piepho, um sie kümmern. (Martin Fuchs)