10.03.2015
Aktiv gegen Krebs: Große Resonanz auf Informationsveranstaltung im Trierer Brüderkrankenhaus. Vor keinem Leiden fürchten sich die Deutschen mehr, als vor Krebs. Doch bei zwei von drei Erkrankungen liegt die Ursache in Faktoren, die der Mensch selbst beeinflussen kann.
"Aktiv gegen Krebs" lautete der Titel einer Informationsveranstaltung für Patienten im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier.
Die Zahlen des jüngsten Gesundheitsreports zeigen gegenläufige Trends: "Immer weniger Menschen trinken Alkohol", berichtete Dr. med. Heinz Kirchen erfreut, "aber die Zahl der Raucher ist wieder gestiegen." Für Kirchen, Leitender Oberarzt der Abteilung für Innere Medizin I und Leiter des Onkologischen Zentrums im Trierer Brüderkrankenhaus, das gemeinsam mit dem Patienten-Informationszentrum (PIZ) des Hauses die gut besuchte Veranstaltung ausrichtete, zeigt dies, dass in punkto Prävention nach wie vor erheblicher Informationsbedarf besteht.
"Krebs kann jeden treffen", erklärte die stellvertretende Leiterin des Onkologischen Zentrums, Monika Lankeshofer-Loch, "aber man muss an Krebs nicht sterben!" Man müsse in vielen Fällen auch gar nicht erst erkranken, machte die Oberärztin deutlich. So hätten verschiedene Studien ergeben, dass theoretisch zwischen 43 und 65 Prozent aller Krebserkrankungen vermieden werden könnten, wenn sämtliche Risikofaktoren verbannt würden. Doch realistisch umsetzbar sei dieses Potenzial nicht, denn "nicht alle hören heute auf zu rauchen oder ändern ihre Ernährungsgewohnheiten." Eine Vermeidung von 18 bis 30 Prozent aller Krebserkrankungen sei Studien zufolge grundsätzlich machbar.
Beim Lungenkrebs wäre es ein Leichtes, die Zahl der Erkrankungen massiv zu senken: 90 Prozent der Patienten haben in ihrem Leben geraucht. "Fangen Sie am besten nicht an", empfahl Dr. med. Christian Kaes, Leitender Oberarzt der Abteilung für Innere Medizin III. Wer wieder aufhören wolle, brauche den "eigenen unbedingten Willen" und könne ergänzend, etwa um unangenehme Entzugserscheinungen zu lindern, auf Präparate wie Nikotinpflaster zurückgreifen. Auch wenn die Erfahrung lehre, dass Aufhören "extrem schwierig" sei, ermutigte Kaes dazu, es dennoch zu versuchen: Nach dem Aufhören sinkt das Risiko, und je länger man die Finger vom Glimmstängel lasse, umso stärker reduziere sich auch wieder die Gefahr einer Erkrankung.
Professor Dr. med. Christian Kölbel legte den Schwerpunkt seines Vortrags auf den Faktor Ernährung: "Ich werden Ihnen kein Kochrezept liefern können, wie Sie künftig krebsfrei leben können", erklärte der Chefarzt der Inneren Medizin I. Zugleich machte er deutlich, dass falsche Ernährung und Übergewicht für rund 30 Prozent der Krebserkrankungen ursächlich sind. So gehe von einem Übermaß an Alkoholkonsum ebenso ein hohes Risiko aus, wie vom Verzehr zu viel roten Fleischs. Gefährlich sei Übergewicht insbesondere dann, wenn es sich in Bauchfett niederschlage, warnte Kölbel. "Fast alle meiner Patienten, die an Gallenblasenkrebs erkrankt sind, hatten Übergewicht", nannte er ein Beispiel.
Was eine "richtige" Ernährung angeht, empfiehlt der Mediziner zweierlei: nicht zu kalorienreich essen und eine möglichst ausgewogene Mischkost. Sich ausschließlich von Rohkost zu ernähren, berge ebenso ein Risiko wie die Vorstellung, man könne nur von Gemüse leben. "Man kann ab und zu auch Fleisch essen, aber nicht zu häufig. Und Fisch ist grundsätzlich gesünder", verwies Kölbel auf Studien. Auch Alkohol sei vertretbar, allerdings nur in Maßen.
Überhaupt lebt noch nicht vollends gesund, wer sich richtig ernährt. Auf den Faktor Bewegung ging Dr. med. Thomas Scheib, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin der Hochwald-Kliniken Weiskirchen ein. "Je mehr ich mich bewege, desto stärker sinkt mein Risiko, an Krebs zu erkranken", erklärte Scheib und nannte beispielhaft den Dickdarmtumor: Hier lasse sich so das Erkrankungsrisiko um bis zu 40 Prozent senken. Aber auch bei Tumoren, die auf den ersten Blick nicht unmittelbar mit dem Ernährungsverhalten zusammenzuhängen scheinen, könne man einiges an Krebsprävention ausrichten. So sinke beispielsweise das Brustkrebsrisiko erheblich, wenn Frauen mehr auf den Beinen seien, berichtete Scheib. 150 Minuten moderates Training in der Woche, beispielsweise in Form von Walking, sollte jeder Mensch aufbringen können, ist er überzeugt. Der Mediziner rät weiter: "Es sollte allerdings auch Spaß machen!"
Nicht alle Erkrankungen lassen sich allein durch vorbeugende Verhaltensänderungen verhindern. Bisweilen liegt in der Früherkennung die einzige wirkliche Chance, ein Leiden rechtzeitig zu erkennen, um es erfolgreich behandeln zu können. Darauf wies Dr. med. Claus Luxenburger hin, der in seinem Vortrag eindringlich dafür plädierte, dass Männer den in letzter Zeit immer wieder kontrovers diskutierten PSA-Wert frühzeitig bestimmen lassen sollten. Mit jährlich 60000 Neuerkrankungen und mehr als 12000 Toten sei der Prostatakrebs die häufigste Tumorerkrankung des Mannes, die zudem keinerlei Frühsymptome zeige, erklärte der Leiter des Prostatakarzinom-Zentrums Trier. Auch wenn die Kritiker einer unreflektierten PSA-Bestimmung mit manchen ihrer Argumente nicht völlig falsch lägen, liefere eine frühzeitige Bestimmung eines Ausgangs- PSA-Werts zusammen mit einer Tastuntersuchung ab dem 40. Lebensjahr noch immer die beste Möglichkeit, Risikopatienten rechtzeitig zu identifizieren und entsprechend zu kontrollieren. So lasse sich die Sterblichkeit an dieser Krebsart um mehr als 40% reduzieren.
Eine Gewähr dafür, nicht an Krebs zu erkranken, bietet auch die gesündeste Lebensweise nicht, betonten die Experten. Doch sie machten auch klar, dass ein jeder Verantwortung dafür trägt, seinen Beitrag dazu zu leisten, die individuelle Gefahr einer Erkrankung zu mindern. Und das gilt mitnichten nur für den Krebs, vor dem sich die Deutschen am meisten fürchten - mehr Bewegung und eine ausgewogene Ernährung senken auch das Risiko für andere Leiden, etwa im Bereich des Herz-Kreislaufsystems.