14.03.2019
Täglich sterben hierzulande rund 300 Menschen an Erkrankungen, die auf Tabakkonsum zurückzuführen sind; einem Großteil wurde ein Lungenkarzinom zum Verhängnis. Doch auch zwölf Prozent der jährlich 70.000 neu diagnostizierten Dickdarmtumoren werden aufs Rauchen zurückgeführt. An guten Gründen, dem Griff zum Glimmstängel ein Ende zu setzen, mangelt es nicht, doch lieferten die Experten des Patiententags „Aktiv gegen Krebs“ eine Vielzahl weiterer Argumente, sich frühzeitig den Themen Vorsorge und Früherkennung zu widmen.
Gleich zum Auftakt
der Veranstaltung gab Dr. med. Christian Kaes den zahlreichen Besuchern eine
Botschaft mit auf den Weg: "Raucherentwöhnung ist die wichtigste Maßnahme, um
dem Lungenkrebs und auch zahlreichen weiteren Krebserkrankungen vorzubeugen",
erklärte der Leitende Oberarzt der Abteilung für Innere Medizin III und Leiter
des Lungenkrebszentrums im Brüderkrankenhaus.
Eine Aussage, die
Dr. med. Julia Großmann-Linn mit einer ganzen Reihe von Daten und Fakten
untermauerte. So sei Rauchen nicht allein für 90 Prozent aller jährlich rund
50.000 Bronchialkarzinome verantwortlich, sondern gelte auch bei Mund-, Rachen-
und Kehlkopfkrebs als mitverursachend. Im mittleren Lebensalter, zwischen dem
30. und 69. Lebensjahr, sei die Sterblichkeit um das Zwei- bis Dreifache erhöht
und liege der durchschnittliche Verlust an Lebenszeit bei zehn Jahren, zitierte
sie Ergebnisse einer großangelegten Studie.
Weil es zudem keine
Frühwarnsymptome gibt und sich der Tumor erst bemerkbar macht, wenn er weit
fortgeschritten und in der Regel nicht mehr heilbar ist, sei der Verzicht aufs
Rauchen faktisch die einzige wirkliche Vorsorgemaßnahme, erklärte Dr. Julia
Großmann-Linn weiter. Positiv gewendet: Da bis zu 90 Prozent aller
Lungenkarzinome auf Tabakkonsum zurückzuführen sind, ließen sich durch eine
kollektive Raucherentwöhnung jährlich Zehntausende tumorbedingter Todesfälle
vermeiden und entsprechend viele Leben retten. Möglichkeiten, der Nikotinsucht
ein Ende zu bereiten, gibt es einige. Das Patienten-Informationszentrum (PIZ)
des Brüderkrankenhauses bietet Interessierten auf Wunsch eine kostenfreie
Beratung an. Doch, so Dr. Großmann-Linn, zeigten Untersuchungen: "Der
wichtigste Punkt ist der eigene Wille, aufzuhören."
Der eigene Wille
oder vielmehr die Bereitschaft, sich den angebotenen Untersuchungen zu
unterziehen, stehen am Anfang der Früherkennung von Dickdarm- und
Prostatakrebs. An ersterem erkranken hierzulande noch immer bis zu 70.000
Menschen jährlich, bezifferte Professor Dr. med. Christian Kölbel. Der Chefarzt
der Abteilung für Innere Medizin I gab zu bedenken, dass "mehr als vier
Millionen der heute lebenden Menschen damit rechnen müssen, an einem Darmkrebs
zu erkranken." Damit machte Professor Kölbel die Dimensionen deutlich. Doch
zugleich lieferte er Daten, welche das Potenzial in punkto Vorsorge und
Früherkennung deutlich machten: Seit 2002 sei durch die entsprechenden
Untersuchungen, allen voran der Darmspiegelung, die Entstehung von mindestens
200.000 Dickdarmtumoren verhindert worden. Der Grund: Gutartige Vorstufen
(Polypen) konnten früh- und rechtzeitig entdeckt und entfernt werden. Zudem
habe man bei rund 47.000 Patienten die Erkrankung in einem sehr frühen und
somit heilbaren Stadium entdeckt.
Professor Kölbel
nannte als einen der wesentlichen Risikofaktoren für die Entstehung des
Darmkrebses das Alter - ab dem 50. Lebensjahr steige die Gefahr deutlich an.
Doch es gibt auch vermeidbare Faktoren wie eine einseitig westliche
Ernährungsweise mit viel rotem Fleisch und Alkohol, oft bei zu wenig
körperlicher Betätigung. Der Chefarzt appellierte, den Fleischkonsum zu
reduzieren und mehr auf pflanzliche Kost zu setzen, auch gelte es Übergewicht
zu vermeiden. Wie seine Vorredner riet Professor Kölbel, mit dem Rauchen
aufzuhören. Denn rund 12 Prozent aller Dickdarmtumoren würden auf Tabakkonsum
zurückgeführt.
Dass dieser auch
beim Entstehen von Blasenkrebs bei mehr als 90 Prozent der Fälle mit im Spiel
ist, setzte Privatdozent Dr. med. habil. Andreas Neisius an den Beginn seines
Vortrags. Allerdings widmete sich der Chefarzt der Abteilung für Urologie und
Kinderurologie gleich darauf dem Prostatakarzinom. Dieser wachse relativ
langsam, zeige in der Zeit, in der er noch heilbar sei, aber keinerlei
Symptome, so Dr. Neisius: "Den Prostatakrebs spürt man nicht." Zugleich warnte
er davor, aus landläufig bekannten Beschwerden wie Schwierigkeiten beim
Wasserlassen unmittelbar auf ein Prostatakarzinom zu schließen. Oft liege
diesen eine gutartige Vergrößerung der Prostata zugrunde, und diese sei bei
fast jedem Mann im Fortschreiten seines Lebens anzutreffen. Ein erhöhter
PSA-Wert könne, müsse aber ebenfalls nicht immer ein Hinweis auf eine bösartige
Erkrankung sein, ergänzte der Urologe; gleichwohl müsse die Ursache eines erhöhten
PSA-Werts abgeklärt werden.
Dr. Neisius rief
den männlichen Teil der Bevölkerung dazu auf, die angebotenen
Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. "Ich erlebe leider immer wieder, dass
Männer erst mit Eintritt in den Ruhestand sich die Zeit dafür nehmen", beklagte
der Chefarzt. Dabei sei der Nutzen der Früherkennung zweifellos erwiesen, fuhr
der Chefarzt fort und führte zwei Zahlen ins Feld: Hätten 1990 noch rund 20
Prozent aller neudiagnostizierten Prostatakarzinome bereits gestreut und waren
damit nicht mehr heilbar, liege der Anteil der schon metastasierten Tumoren
nunmehr bei nur noch 4 Prozent.
Im Anschluss an die
Vorträge hatten die Besucher Gelegenheit, mit Expertinnen und Experten mehrerer
onkologischer Kompetenzzentren sowie von Selbsthilfegruppen und dem PIZ ins
Gespräch zu kommen. Ein Angebot, das rege genutzt wurde.