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13.12.2023

Privilegierter Blick in den Bauchraum

Privilegierter Blick in den Bauchraum

Seit Sommer 2022 verfügt das Brüderkrankenhaus über ein da Vinci-Operationssystem. Kürzlich wurde das roboterassistierte Behandlungsspektrum um chirurgische Eingriffe an der Leber erweitert. Ein Blick über die Schultern der Chirurgen um Chefarzt Professor Dr. med. Detlef M. Ockert macht deutlich: Verglichen mit dem ebenfalls minimalinvasiven Verfahren der Laparoskopie birgt der „da Vinci“ weitere Vorteile, und das sowohl für die Patienten als auch für die Operateure.

Um exakt 12:00 Uhr hat Christopher Becker den Tumor zu Tage gefördert: Vorsichtig zieht der Oberarzt der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie das in einem Bergungsbeutel verschlossene Gewebe über eine kleine Öffnung aus der Bauchhöhle. Noch ein paar Nähte, dann kann der Patient wieder aus seiner Vollnarkose erwachen.

Ein Donnerstagvormittag im September: Im Zentral-OP des Brüderkrankenhauses steht an diesem Tag ein besonderer Eingriff auf dem Programm: Erstmals in Trier soll ein bösartiger Tumor der Leber mithilfe roboterassistierter Chirurgie entfernt werden. Seit Juli 2022 kommt der „da Vinci“ im Brüderkrankenhaus zum Einsatz, insgesamt etwa 240 Eingriffe wurden seither von Urologie und Chirurgie durchgeführt. Davon entfielen rund 60 Prozent auf die Urologie und 40 Prozent auf die Chirurgie.

Der Patient, der sich an diesem Tag dem Eingriff unterziehen wird, ist 70 Jahre alt, hat einige zum Teil schwere Vorerkrankungen und ist stark übergewichtig. Bei ihm wurde ein Lebertumor festgestellt; die Biopsie ergab, dass dieser bösartig ist. Grundsätzlich möglich wären bei einem derartigen Befund auch eine offene OP oder alternativ ein Eingriff mittels Laparoskopie („Schlüsseloch-Chirurgie“), doch haben sich Chefarzt Professor Dr. med. Detlef M. Ockert und sein Team gemeinsam mit dem Patienten dafür entschieden, die OP roboterassistiert durchzuführen. Eigens zu diesem Zweck ist aus dem Frankfurter Agaplesion Markus Krankenhaus Professor Ockerts Chefarzt-Kollege Professor Dr. med. Christoph Heidenhain angereist. Der verfügt bereits über umfassende Erfahrung mit „da Vinci“-geführten Leber-OPs und gilt als ausgewiesener Experte für das schwerste innere Organ des Körpers.

Vorbesprechung am OP-Tisch: Professor Ockert, Oberarzt Becker, der Leitende Oberarzt Dr. med. Stefan Franzen und Professor Heidenhain beugen sich über die mittels Kohlendioxid angehobene Bauchdecke des Patienten. Das künstliche Aufblähen der Bauchhöhle verschafft den Operateuren eine bessere Übersicht über das Operationsfeld und ermöglicht es ihnen, die Instrumente optimal zu bewegen. Gemeinsam legen die Ärzte fest, an welchen Stellen mithilfe sogenannter Trokare die Öffnungen vorgenommen werden, über welche insgesamt vier Instrumente des „da Vinci“ in den Bauchraum eingeführt werden. Eine zusätzliche fünfte Öffnung ermöglicht es Christopher Becker, dem stellvertretenden Leiter des Robotik-Zentrums Trier, vom OP-Tisch aus Professor Ockert zu assistieren. Der Chefarzt sitzt drei Meter entfernt an der Konsole des da Vinci und steuert mit kleinen Finger-Joysticks über die Roboterarme die in den Bauchraum eingebrachten Instrumente.

Mit Schere und Zange arbeitet sich der Operateur vorsichtig hindurch durch Fettgewebe und vorbei an der Gallenblase. Im infolge einer Leberzirrhose stark verknoteten Organ zeichnet sich deutlich der bösartige Tumor ab, der im Zuge dieser OP entfernt werden muss. Doch weil die Leber zu den am stärksten durchbluteten Organen des menschlichen Körpers zählt, haben Professor Ockert und sein Team zunächst noch ein anderes Ziel im Visier – das „Ligamentum hepatoduodenale“, eine Art Hauptverteilerstrang für die Blutgefäße der Leber, darunter die Pfortader und die Leber-Arterie.

Um beim Entfernen des Tumors aus dem Gewebe einen größeren Blutverlust zu vermeiden, muss dieser große Gefäßstrang phasenweise stillgelegt werden. „Pringle-Manöver“ nennt sich dieses Verfahren, das nach seinem Erfinder, einem 1941 verstorbenen australischen Arzt benannt ist.

10:52 Uhr: Die Blutzufuhr wird erstmals unterbrochen. Professor Ockert beginnt mit der chirurgischen Resektion des Tumors. Mit der Schere schneidet er das bösartig veränderte Gewebe heraus. Oberarzt Christopher Becker unterstützt ihn am OP-Tisch. Überlagert Blut das Gewebe, kann Becker die Stelle spülen oder Flüssigkeit absaugen, damit Professor Ockert wieder freie Sicht auf sein Operationsfeld hat. Auf vier großen Monitoren wird das Geschehen im Inneren der Bauchhöhle übertragen, dank der mehrfach vergrößerten Darstellung haben alle Beteiligten eine optimale Sicht auf Organe und Gewebe. Von einem „privilegierten Blick“ spricht einer der Ärzte.

„Chef, die 15 Minuten sind rum“, ruft Christopher Becker diesem vom OP-Tisch zu und löst nun die Gefäßklemme. Während der kommenden fünf Minuten wird das Organ wieder durchblutet. Es braucht noch zwei weitere Unterbrechungen der Blutzufuhr, bis der Operateur die bösartige Veränderung komplett herausgeschnitten hat und in den von Becker über ein Instrument in den Bauchraum eingebrachten Bergungsbeutel füllen kann.

11.53 Uhr: Im zuvor abgedunkelten OP-Saal gehen wieder die Lichter an. Eine Stimme aus dem Computer kündigt das Abdocken des Operationssystems an. Becker beginnt mit dem Vernähen der kleinen Öffnungen, über welche die Instrumente eingeführt worden waren. Nur eine Öffnung muss er noch etwas weiten, um gemeinsam mit dem Leitenden Oberarzt Dr. Franzen den Bergungsbeutel aus dem Bauchraum zu holen.

Professor Heidenhain ist mehr als zufrieden: Die erste OP dieser Art in Trier habe hervorragend geklappt, das Ergebnis sei einwandfrei, zieht der Gast aus Frankfurt ein erstes Fazit und zeigt noch einmal die Vorzüge des „da Vinci“ gegenüber anderen Operationsverfahren auf: Dank der verschiedenen Instrumente und der Zusammenarbeit der beiden Chirurgen könne der Eingriff sehr unaufgeregt und sicher ablaufen. Vor allem aber profitiere der Patient, da diesem eine offene OP erspart bleibe. „Die Patienten haben verglichen mit einer offenen Operation, bei der man den Bauchraum in einem größeren Umfang öffnen müsste, ein wesentlich geringeres Trauma, was wiederum dazu führt, dass die Genesung sehr schnell vonstattengeht“, erläutert der erfahrene Chirurg. Professor Dr. med. Hauke Heinzow, Hepatologe und Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin I im Brüderkrankenhaus berichtet: „Eine kürzlich veröffentlichte wissenschaftliche Publikation im renommierten Journal ‚JAMA Surgery‘ zeigt, dass die robotorgestützte Operation von Lebertumoren zu einer deutlich verkürzten Krankenhausaufenthaltsdauer und zu weniger und kürzeren Intensivstation-Aufenthalten führt! Auch postoperatives Leberversagen ist signifikant seltener!“

Tatsächlich bestätigen auch die Physiotherapeuten des Brüderkrankenhauses nach knapp eineinhalb Jahren Erfahrung mit dem da Vinci: Patientinnen und Patienten, die sich einem roboter-assistierten Eingriff unterzogen, sind weitaus schneller wieder auf den Beinen.

Professor Ockert an der Konsole des "da Vinci"
 
 

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